So entschlüsselst Du die 7 gefährlichsten Zeugniscodes

Ein Gastartikel von Gordon Vahldiek (Arbeitszeugnisexperte)

Als Arbeitnehmer, der aus einem Unternehmen ausscheidet, hast Du das Recht auf ein wohlwollendes Zeugnis. Was jedoch zunächst anerkennend klingt, kann im Endeffekt eine ganz andere Bedeutung haben. 

Mit “Geheimcodes” wird Kritik hinter positiv anmutenden Phrasen versteckt. 

In diesem Artikel lernst Du die 7 gefährlichsten Arbeitszeugnis-Codes kennen und erfährst, wie Du diese entschlüsseln kannst.   

Was ist ein Arbeitszeugnis? 

Vereinfacht gesagt ist ein Arbeitszeugnis eine Bescheinigung über Deine beruflichen Leistungen. Jeder Arbeitnehmer hat nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen einen Anspruch auf diese Bescheinigung.

Allerdings sind nicht alle Zeugnisse gleich. Es gibt zwei gängige Arten von Arbeitszeugnissen: einfache und qualifizierte Zeugnisse.

Das einfache Zeugnis enthält nur grundlegende Informationen wie die Art und Dauer der Beschäftigung. Es wird oft für eine kurze Beschäftigungsdauer ausgestellt, wenn der Arbeitgeber Deine Leistungen nicht beurteilen kann. 

Das qualifizierte Zeugnis hingegen enthält mehr Informationen zu Deiner Leistung und Deinem Sozialverhalten am Arbeitsplatz. Dies ist vorteilhafter für Deine zukünftigen Bewerbungen, da Dein neuer Arbeitgeber sich einen umfassenden Überblick über Deine Fähigkeiten verschaffen möchte.

In der Regel kannst Du selbst entscheiden, welche Art von Zeugnis Du erhalten möchtest.  

Was sind die Arbeitszeugnis-Codes?

Die qualifizierten Arbeitszeugnisse bestehen aus vielen komplizierten Formulierungen und klingen zunächst immer positiv. Das liegt daran, dass das Arbeitsrecht vom Arbeitgeber verlangt, nur wohlwollend formulierte Zeugnisse auszustellen.

Als austretender Arbeitnehmer sollen Dir bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz keine Steine in den Weg gelegt werden. 

Um dennoch kritische Bewertungen in die Arbeitszeugnisse aufzunehmen, entwickelten die HR-Spezialisten daher eine Art Geheimsprache.

Was auf den ersten Blick aussieht, wie eine Anerkennung Deiner Leistungen, ist daher oftmals eine versteckte Kritik.

 Diese Punkte solltest Du in Deinem Arbeitszeugnis überprüfen: 

  • Die Arbeitgeber dürfen eigentlich keine bekannten Geheimcodes mehr verwenden. Wenn Du diese in Deinem Arbeitszeugnis entdeckt hast, kannst Du Deinen Personalverantwortlichen auffordern, dies zu korrigieren.

  • Alle schriftlichen Aussagen müssen der Wahrheit entsprechen. Der Arbeitgeber darf Dich nicht offen kritisieren, aber auch nicht Deine Leistung beschönigen. 

  • Selbst wenn Du vorher Krankheitsphasen hattest, können diese nicht in Dein Zeugnis aufgenommen werden. 

  • Wenn Du entlassen wurdest, darf die Personalabteilung den genauen Grund der Kündigung nicht ohne Deine Zustimmung in das Zeugnis aufnehmen.  

  • Dein Zeugnis muss alle Dinge enthalten, die Du für das Unternehmen getan hast: egal, ob es Teil Deiner Stellenbeschreibung ist oder über Deine Verantwortung hinausgeht. 

Wie kannst Du die Arbeitszeugnis-Codes entschlüsseln?

Wenn Du Dein Arbeitszeugnis Codes entschlüsseln möchtest, musst Du auf die Adjektive achten. Dies sind die gebräuchlichsten Formulierungen, sortiert nach den Schulnoten:

Anmerkung 1 (sehr gut):  Wenn Dich Dein Vorgesetzter als einen guten Mitarbeiter ansieht, wird dies deutlich zum Ausdruck kommen. Du wirst Beschreibungen wie diese finden:

  • „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“
  •  „in jeder Hinsicht und auf allerbeste Weise“
  • „mit äußerster Sorgfalt“ 
  • „außergewöhnlich“
  • „im höchsten Maße“
  • „außerordentlich“

Note 2 (gut): Du wirst hier feststellen, dass der Superlativ ein wenig abgeschwächt ist. Du wirst keine Wörter wie “vollsten” oder ähnliche in der Beschreibung finden. Stattdessen wirst Du Ausdrücke wie diese sehen: 

  • „äußerst gewissenhaft“
  • „hohes Engagement“
  • „großem Fleiß“
  • „überdurchschnittliche Arbeitsqualität“
  • „Erwartungen in jeder Hinsicht entsprochen“

Note 3 (befriedigend): Zu den typischen Formulierungen gehören: 

  • „systematisch und zufriedenstellend“
  • „gewissenhaft“
  • „sorgfältig“
  • „zeigte Initiative“ 
  • „solide Fachkenntnisse“
  • „vorbildlich“
  • „hat unsere Erwartungen vollkommen erfüllt“
  • „zu unserer vollen Zufriedenheit“

Note 4 (ausreichend): Hier finden Sie Beschreibungen wie: 

  • „ordnungsgemäß“
  • „zu unserer Zufriedenheit“
  • „keine Unsicherheiten“
  • „unseren Erwartungen entsprochen“
  • „mit Leistungen zufrieden“

Note 5 (mangelhaft): Ein Arbeitszeugnis mit der Note 5 kann zu einem echten Hindernis bei der Suche nach einer neuen Stelle werden. Deshalb ist es so wichtig, dass Sie mit den folgenden Formulierungen vertraut sind:  

  • „im Rahmen seiner Fähigkeiten“
  • „bemüht“
  • „zeigte sich Belastungen gewachsen“
  • „mit Fleiß und Willen“
  • „im Allgemeinen“
  • „ohne Tadel“
  • „weitestgehend entsprochen“ 

Diese 7 Formulierungen solltest du nicht übersehen

  1. „Bei ihren Außendienst Einsätzen, zeigte sie eine große Einsatzbereitschaft.“  

Bei dieser Art der Aussage wird eine Einschränkungs-Technik verwendet. Sie führt zu Zweifeln an Deiner Kompetenz als Arbeitnehmer. Dies sieht besonders negativ aus, wenn keine weitere Aussage zu den anderen Aufgaben am Arbeitsplatz gemacht wird. Für Deinen neuen Arbeitgeber sieht das so aus, als hättest Du Dich nur im Außendienst engagiert, aber die anderen Aufgaben vernachlässigt. 

  • „Ihr Verhalten gegenüber Kollegen war einwandfrei“ 

Das Auslassen von bestimmten Informationen ist eine weitere gängige Technik beim Schreiben der Arbeitszeugnis-Codes. Bei einer Aussage wie oben hat der Personalverantwortliche bewusst darauf verzichtet, Deine Vorgesetzten und Kunden zu erwähnen. 

Dies wird als Hinweis darauf verstanden, dass Dein persönliches Verhalten ihnen gegenüber bedenklich war.

Darüber hinaus wird keine Aussage auch als Statement gewertet. Wenn der HR-Manager keine Informationen über Dein Sozialverhalten preisgibt, werden viele Arbeitgeber das Verhältnis als negativ ansehen.

  • „Ihr Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten war einwandfrei“

Diese Formulierung wird ebenfalls negativ gesehen. Obwohl das Verhalten gegenüber Vorgesetzten erwähnt wurde, ist die Priorisierung nicht korrekt. Die Vorgesetzten sollten immer zuerst genannt werden. 

Es wird auch als negativ angesehen, wenn die Sozialbeurteilung vor Ihrer Arbeitsleistung erwähnt wurde.  

  •  „Seine Ideen waren nicht unkreativ“

Während es im normalen Sprachgebrauch gut aussieht, wird es in Deinem Arbeitszeugnis als negativ betrachtet. Praktisch bedeutet der Satz nur, dass Deine Ideen nicht kreativ waren. Dasselbe gilt, wenn Dein Personalleiter schreibt: “Er hat nie Anlass zu Klagen gegeben”. 

Es wird übersetzt mit “Aber auch keinen Anlass für Lob”, was nicht gerade anerkennenswert ist.

  • „Die Aufgaben, die ihm übertragen wurden, erledigte er zu meiner Zufriedenheit.“

Passive Äußerungen im Arbeitszeugnis erwecken immer den Eindruck, dass Du am Arbeitsplatz wenig Initiative gezeigt hast oder es Dir an Selbständigkeit mangelte.

  • „Er war wegen seiner Pünktlichkeit ein Vorbild.“ 

Diese Art von Aussagen werden mit der Ausweich-Technik geschrieben. Wenn der Arbeitgeber kein Lob zu geben hat, wird er nur irrelevante Dinge anführen, die nicht mit der Arbeitsleistung zusammenhängen.  

  • „Herr Meier scheidet mit dem heutigen Tag auf eigenen Wunsch aus unserem Unternehmen aus. Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.“

Auch die Schlusserklärung und die Dankes- und Bedauernsklausel sind wichtige Bestandteile eines Arbeitszeugnisses. Sie können die gesamte Beurteilung bestätigen oder abwerten. 

Aus dem Beispiel hier wird bestätigt, dass Herr Meier auf eigenen Wunsch das Unternehmen verlassen hat. Es kann davon ausgegangen werden, dass ein Bedauern sowie der Dank für die geleistete Tätigkeit fehlen. Wenn man das alles berücksichtigt, scheint man seinen Weggang zu begrüßen. 

Die Zukunftswünsche lassen darauf schließen, dass der Mitarbeiter viel Glück in seiner Zukunft brauchen wird. 

 

Gordon Vahldiek ist Arbeitszeugnis – Experte und Gründer der Arbeitszeugnishilfe. Die Arbeitszeugnishilfe wurde mit der Zielsetzung gegründet, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der Einschätzung und Verbesserung ihrer Arbeitszeugnisse zu unterstützen. Durch unsere professionelle Analyse von Zwischen- und Abschlusszeugnissen wollen wir dazu beitragen, Konflikte mit Arbeitgebern zu vermeiden oder zu entschärfen. Es ist unser Mission für jeden Arbeitnehmer ein faires und professionelles Arbeitszeugnis sicherzustellen, um damit Ihre Chancen am Arbeitsmarkt zu verbessern. 

Unsere Produkte: Basis  – Paket (Arbeitszeugnisprüfung), Premiumpaket (Arbeitszeugnisprüfung und Verbesserungsvorschläge), All – inclusive – Paket (komplett neues Arbeitszeugnis).